Betriebsrentenstärkungsgesetz – Auswirkungen in der Praxis

Presse

Von KlinikRente — 06.02.2019

Betriebsrentenstärkungsgesetz – Auswirkungen in der Praxis

Das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) ist seit 2018 in Kraft und in den Personalabteilungen bleiben nach wie vor viele Fragen offen. In diesem Artikel finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen.

1. Wann kommen die Zusagen ohne jegliche Haftung für den Arbeitgeber?

Bis zur Verabschiedung des BRSG gab es im deutschen Betriebsrentenrecht ausschließlich Versorgungszusagen mit garantierten Leistungen. Auch wenn sich diese Zusagen am Beitrag orientieren können, müssen dabei garantierte Leistungen mindestens in Höhe der eingezahlten Altersvorsorgebeiträge zugesagt werden. Der Arbeitgeber muss für die in der Versorgungszusage enthaltenen garantierten Leistungen einstehen. Heute sind Gestaltungen üblich, bei denen die Garantie auf die Höhe der eingezahlten Altersvorsorgebeiträge begrenzt ist. Gegebenenfalls wird ein Garantiezins von 0,9 Prozent eingerechnet. Damit lässt sich schon heute mit den bisher bestehenden Durchführungswegen nahezu Haftungsfreiheit herstellen.

Mit dem BRSG wurde im deutschen Betriebsrentengesetz erstmals eine reine Beitragszusage eingeführt. Diese Zusage darf keine Garantien beinhalten. Allerdings kann diese neue Form ausschließlich mit Versorgungsangeboten genutzt werden, die durch die Tarifpartner getragen werden. Die Tarifpartner können solche Einrichtungen neu gründen oder sich dabei am Markt an bestehenden Anbietern bedienen. Derzeit sind uns keine konkreten Initiativen bekannt, aus denen man schließen könnte, ab wann diese neuen Sozialpartnermodelle zur Verfügung stehen.

Für die Praxis: Mit den derzeit am Markt vorhandenen Angeboten können Zusagen gestaltet werden, die ein Höchstmaß an Sicherheit für den Arbeitgeber mit einer sinnvollen Garantie für die Arbeitnehmer verbinden. Angebote mit erhöhtem Rechnungszins und gegebenenfalls verkürzten Sterbetafeln sollten in jedem Falle überprüft werden. Das gilt auch, wenn Arbeitgeber mitgebrachte Versorgungen im Rahmen eines Arbeitgeberwechsels übernehmen, da der neue Arbeitgeber die bisherige Zusage bei bestimmten Formen der Übertragung mit allen Pflichten übernimmt.

2. Wie wirkt sich der neue Freibetrag auf die Grundsicherung aus?

Der neue Freibetrag der Grundsicherung sorgt dafür, dass sich das Sparen über die geförderten Formen der Altersversorgung (Betriebsrente, Riesterrente, Rüruprente) in jedem Fall lohnt. Bisher wurden diese Leistungen auf die staatlich zugesicherte Mindestversorgung, auch Grundsicherung genannt, angerechnet. Seit 2018 gibt es den neuen Freibetrag. Durch den werden von den oben genannten Formen der Rente bis zu 100 Euro im Monat zu 100 Prozent nicht angerechnet. Darüber hinaus werden 50 Prozent einer bestehenden Zusatzrente bis zu einem Maximalbetrag von 212 Euro nicht angerechnet.

Für die Praxis: Jetzt lohnt sich die Entgeltumwandlung für jeden. Verstärkt wird dieser positive Effekt durch die im BRSG festgelegten Arbeitgeberzuschüsse zur Entgeltumwandlung.

3. Ab wann müssen Arbeitgeberzuschüsse zur Entgeltumwandlung gezahlt werden?

Dies ist abhängig vom Beginn der Entgeltumwandlung:

  • für neue Entgeltumwandlungen nach dem 31. Dezember 2018: ab 01.01.2019
  • für vor dem 31. Dezember 2018 bereits bestehende Entgeltumwandlungen: ab 01.01.2022

Zum 1. Januar 2019 hat das BRSG die Weitergabe von eingesparten Sozialabgaben im Falle der Entgeltumwandlung festgelegt. Für diejenigen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, muss auf sozialversicherungsfreie Entgeltumwandlungsbeträge ein Zuschuss von pauschal 15 Prozent gezahlt werden. Bei allen freiwillig oder privat Versicherten müssen mindestens die eingesparten Sozialabgaben weitergegeben werden. Für bereits zum 31. Dezember 2018 bestehende Verträge gilt diese Regelung erst ab 2022. Allerdings ist für diese Regelung ein Tarifvorbehalt vorgesehen. Dadurch gelten diese Festlegungen nicht für Bereiche, in denen die Entgeltumwandlung und entsprechende Zuschussregelungen über einen Tarifvertrag geregelt sind.

Für die Praxis: Die Einschränkung der Tarifbindung gilt für tarifgebundene Arbeitgeber und nicht für Arbeitgeber, die sich an Tarifverträge anlehnen. Bei Unternehmen mit Tochterunternehmen und ähnlichen Konstellationen muss geprüft werden, inwiefern eine Tarifbindung für die einzelnen Arbeitgeber vorliegt.

4. Was passiert mit dem Arbeitgeberzuschuss, wenn der Versicherer den Vertrag nicht mehr erhöht?

Der Umgang mit Arbeitgeberzuschüssen bei bestehenden Entgeltumwandlungen ist in der Praxis nicht ganz trivial. Viele Anbieter lassen die Erhöhungen von Altverträgen nicht mehr oder nur in begrenztem Umfang zu. Die Gründe dafür liegen in den relativ hohen Garantiezinsen aus der Vergangenheit.

In diesem Fall gibt es aus unserer Sicht nur zwei pragmatische Lösungen:

a) Es wird ein zusätzlicher zweiter Vertrag für den Zuschuss abgeschlossen.

b) Der Arbeitgeberzuschuss wird verrechnet, wodurch sich die Höhe der Entgeltumwandlung bei gleichbleibendem Gesamtbeitrag verringert. Einige Expertenmeinungen stellen fest, dass diese Regelung mit dem Arbeitgeberzuschuss nicht konform ist. Aus unserer Sicht kann es dem Arbeitnehmer aber nicht verwehrt werden, seine bestehende Entgeltumwandlung um den Arbeitgeberzuschuss zu  reduzieren und damit von diesem Zuschuss zu profitieren. Insbesondere dann, wenn der jeweilige Anbieter keine Erhöhungsoption bietet.

Für die Praxis: Der gesetzlich geregelte Arbeitgeberzuschuss für bestehende Verträge gilt erst ab dem Jahr 2022. Deshalb empfehlen wir, in der Übergangsphase die Zuschussregelung für bestehende Verträge auf Antrag des einzelnen Arbeitnehmers umzusetzen. Damit entsteht keine Ungleichbehandlung von bestehenden Verträgen und Neuverträgen. Der einzelne Beschäftigte erhält genügend Zeit, um für sich zu entscheiden, wie der Zuschuss in Anspruch genommen werden soll. Im Jahr 2022 müssen dann nur noch die Verträge umgestellt werden, für die das noch nicht erfolgt ist.

5. Welche Veränderung gibt es bei der Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner?

Seit vielen Jahren gibt es Diskussionen zum Thema Krankenversicherung auf Renten und Betriebsrenten. Das BRSG hat dieses Thema zumindest für Riesterrenten, die über die betriebliche Altersversorgung umgesetzt werden, jetzt geklärt.

Bei dem Abschluss einer Riesterrente werden keine Sozialabgaben gespart. Dennoch wurden bisher für Riesterrenten, die über die betriebliche Altersversorgung abgeschlossen wurden, in der Rentenphase Krankenversicherungsbeiträge erhoben. Damit war Riester über den Weg der Betriebsrente weitgehend unattraktiv. Der Gesetzgeber hat jetzt gehandelt und die Riesterrente über die Betriebsrente mit der privaten Riesterrente in Bezug auf die Krankenversicherungspflicht gleichgestellt. Damit fällt in der Rentenphase keine Krankenversicherung an.

Tipp für die Praxis: Insbesondere für Arbeitnehmer mit mehreren Kindern ist die Riesterrente aufgrund der staatlichen Förderung attraktiv. Daher ist durchaus zu erwarten, dass die Nachfrage nach Riesterverträgen über den Arbeitgeber in Zukunft steigen wird. Derzeit können dazu aber noch keine Trends erkannt oder Prognosen abgegeben werden.